Die Vertreibung

 

Am Gründonnerstag 1945, ein Jahr vor der Vertreibung der Harkauer endete schon die Jahrhunderte alte Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit unseres Dorfes Harkau. Die Hälfte der Bewohner unseres Dorfes hatten sich entschlossen ihr Dorf, ihre Heimat zu verlassen.An diesen Gründonnerstag in den frühen Morgenstunden verließ ein langer Zug von Wagen, mit Kühen bespannt und mit den Notwendigsten beladen das Dorf.Sie hatten kein bestimmtes Ziel, sie wollten einfach nach Westen um den Russen zu entkommen.Sie kamen nach Wochen langen Strapazen und Entbehrungen bis nach Frankenburg in Oberösterreich Dort wurden sie bei den Bauern unter gebracht.

Die andere Hälfte der Harkauer die zuhause geblieben sind ,die sind am Karfreitag in den nahen Wald hinaus, um sich dort zu verstecken.Sie hatten ja auch Angst von den Russen. Sie wollten dort abwarten bis die Kriegshandlungen vorbei sind.Am Ostersamstag am späten Nachmittag nach Stunden langen Kampf wurde das Dorf von den Russen eingenommen.Den Oster -sonntag verbrachten die Menschen im Wald.Am Ostermontag wagten sich die ersten mutigen in das Dorf,was sie dort vorfanden war grauenhaft. Mehrere Häuser waren zerstört, überall auf der Straße lagen Gegenstände aus den Häuser herum, die von den durch ziehenden Truppen geplündert wurden.Auch die toten deutschen Soldaten lagen noch alle da, die Russen haben sie einfach liegen gelassen.Sie wurden von den Männer des Dorfes im Friedhof in einen Massengrab begraben.Ihre Angehörigen werden nie erfahren wo sie ihre letzte Ruhe gefunden haben.

In den ersten Wochen und Monate nach den Krieg hatten es die Menschen im Dorf nicht leicht.Die Russen nahmen ihnen immer alles weg,Die Frauen mussten sich dauernd verkleiden und verstecken.Die Russen waren an sich Harmlos, aber wenn sie getrunken hatten, zogen sie durchs Dorf und suchten Frauen.Bis zum Herbst hatte sich das Leben im Dorf wieder einigermaßen normalisiert, die meisten geflüchteten kamen wieder ins Dorf zurück. Manche hatten Pech ihr Haus war von Fremden in Besitz genommen.Sie mussten dann bei Verwanden oder Bekannten Unterkommen.Dann wurden die ersten Weihnachten nach den Krieg gefeiert. Es waren sehr traurige Feiertage.

Anfangs 1946 gab es die ersten Gerüchte,das die Volksdeutschen in das ehemalige Deutsche Reich ausgesiedelt würden. Die Menschen im Dorf konnten sich so was gar nicht vorstellen.So gingen sie noch ihrer gewohnten Arbeit nach.Im Wald wurde Holz gemacht, in den Weingärten wurden die Reben geschnitten und die Felder wurden bestellt.Doch irgendwie kündigte sich schon etwas an.Es kamen laufend Fremde Menschen in das Dorf mit wenig Gepäck.Einzeln und in Gruppen zogen sie durchs Dorf, suchten sich die schönsten Häuser aus die leer standen,und nahmen sie in Besitz. Die Hälfte der Harkauer sind in den letzten Kriegstagen nach Österreich geflüchtet.Im April kam dann die Nachricht die für das Dorf zum Schicksal wurde. ImBürgermeisteramt wurde eine Liste ausgehängt mit den Namen aller die ihre Heimat verlassen müssen.Alle gingen hin um zu sehen ob man auch auf der Liste ist. Viele dachten insgeheim das sie vielleicht von der Vertreibung verschont bleiben würden. Aber wie es sich bald heraus stellte war alle Hoffnung vergebens. Nur eine Familie durfte bleiben,warum ist bis heute nicht bekannt.

Da nun feststand das die Menschen ihre Heimat verlassen müssen, war die Stimmung im Dorf sehr bedrückend. Es war kein Leben mehr im Dorf, die Menschen waren Lustlos, Das Arbeiten hatte keinen Sinn mehr. Die Menschen saßen in Gruppen vor ihren Häuser und diskutierten über ihre Zukunft die ja sehr Ungewiss war.Es gab damals viele Gerüchte, es hieß die bringen sie bis zur Grenze, nehmen ihnen alles weg, und dann kommen sie wieder zurück in die Heimat.In der letzten Woche vor der Vertreibung kam ein großes Polizeiaufgebot ins Dorf, besetzte alle Ausgänge vom Dorf,so das niemand mehr das Dorf verlassen konnte.Und dann kam der Tag der immer in Erinnerung bleiben wird. Es war der Sonntag der 12.Mai 1946, ein Tag an den für ein Dorf und seine Menschen eine Jahrhunderte alte Kultur auf einen Schlag ausgelöscht wurde.Ein Dorf hatte aufgehört zu bestehen.für die Menschen die hier lebten und und glücklich waren, war alles vorbei.An diesen Sonntagmorgen um 7 Uhr wurde mit der räumung des Dorfes begonnen. Da der Bahnhof etwa 2 Km von Dorf entfernt war,mussten die Menschen mit Pferde oder Kuhgespanne zum Bahnhof gebracht werden. Am unteren Dorfende ging es los. Ein Wagen nach den anderen voll gepackt mit Kisten und Bündeln rollte durch das Dorf. Die älteren saßen auf den Wagen die jüngeren gingen neben her.Man sah keine Tränen, die Menschen waren geschockt,sie konnten nicht weinen.

Um 12 Uhr läuteten die Glocken zum letzten Male. Als dann die Glocken verstummten, ging der Kolb Karl Vetter zum Kriegerdenkmal und spielte mit seiner Trompete das Lied : Heimat deine Sterne. Die Menschen standen da und nahmen mit einen Stillen Gebet Abschied von der Heimat. Dann wurde bei den Wagen noch das Gepäck kontrolliert,und manches den Leuten noch weggenommen. Anschließend war die  fahrt frei zum Bahnhof. Am Bahnhof stand schon ein Güterzug bereit. Zu je 30 Personen wurden sie dann in einen Waggon verfrachtet. Es war sehr eng in den Waggons, es war kaum Platz zum hinlegen.Es war grausam was den Menschen in den 8 Tagenfahrt zugemutet wurden.Die Nacht verbrachten die Menschen am Bahnhof. Am nächsten Tag frühmorgens ging die Fahrt ins Ungewisse los.Unter englischer militärischer Zugbegleitung ging es in Richtung Grenze.Leider gab es an der Grenze keinen Aufenthalt mehr,,die Fahrt ging weiter, es gab kein zurück mehr.Die Fahrt ging über Wien, Linz und bei Passau über die deutsche Grenze. Hier gab es von Roten Kreuz warmen Kaffee.Dann ging die Fahrt weiter in Richtung Norden. Sie fuhren schon Tagelang und die Menschen wurden immer stillerund nachdenklicher. Als sie durch die Rhön fuhren eine hüglige Landschaft,da war die Natur noch weit zurück. Als sie von Harkau wegfuhren war dort schon alles grün, die Kirsche waren schon reif. Ein alter Harkauer der das sah,rief :Leute wir sind verloren,wir werden alle verhungern. Hier wächst ja nichts. Die Fahrt ging weiter über Fulda nach Bebra,das war an der Zonengrenze zur Sowjetzone.Plötzlich kam die Angst auf, wir kommen wieder zu den Russen.Gott sei Dank! Am nächsten Tag wurde die Richtung geändert und es ging nach Süden, über Kassel nach Marburg. Mittlerweile waren sie schon 6 Tage unterwegs. Am Samstag den 18.Mai 1946 kamen sie in Marburg an der Lahn an. Hier wurde der Transport aufgelöst.Sie wurden im Kreis Marburg auf 22 Ortschaften verteilt.

 

 

 

 

Achtung

Harkauer Vertreibungsliste1946

Waggonliste

Möchte darauf hinweisen ,das die oben genannte Liste von

Robert Steiner unter www.steinerlh.de vertreibungsliste.htm

zu finden ist. Heinz Reitter