Ankunft in der neuen Heimat
 
Nach einer Woche Fahrt kamen wir am Samstag Vormittag den 18.Mai 1946 in Marburg an.
Hier wurde der Transport aufgelöst.Wir waren von der langen Fahrt erschöpft,wir hatten ja keine möglichkeit sich Unterwegs auszuruhen oder frisch zumachen. Um die Mittagszeit wurde unser Waggon mit mehreren anderen in Richtung Cölbe in Fahrt gesetzt.In Cölbe wurde unser Waggon abgehängt,die anderen fuhren in Richtung Wetter weiter.Nach Stundenlangen warten kam der Bürgermeister aus Cölbe und erklärte uns das er uns in der Gemeinde Cölbe nicht Unterbringen kann,weil alles voll sei von Vertriebenen. Dann am späten Nachmittag kamen 2 Pferdegespanne und brachten uns das 4 Km entfernte Betziesdorf,dort wurden wir auf den Dorfplatz abgestellt.. Da standen wir nun mit unserer ganzer Habe auf den Dorfplatz und warteten,es war schon sehr demütigend für uns.Rundherum standen die Einheimischen und bestaunten uns wie Wesen aus einer anderen Welt. Bestimmt sahen wir nicht sehr vertrauenserweckend aus,verständlich nach der langen Fahrt.Als dann auch noch bekannt wurde das wir aus Ungarn kommen,da war es für die klar,das können nur Zigeuner sein.Es wurde langsam dunkel,aber es tat sich nichts,wir hatten uns schon damit ab gefunden  das wir die Nacht auf den Dorfplatz verbringe müssen. 
Endlich kam der Bürgermeister und verteilte uns in die zugewiesenen Quartiere.Wie wir später erfuhren hatte er große Mühe uns im Dorf unter zubringen.Seltsamer Weise hatten die großen Bauern die genügend Platz gehabt hätten,keinen von uns genommen.Wir wurden bei den kleinen Leuten die selbst kaum Platz hatten untergebracht.Meine Familie wurde bei einen alten Mann in einen ziemlich verwahrlosten Häuschen untergebracht.Wir bekamen ein Zimmer mit 16 qm zugeteilt.Das Zimmer war leer,nur ein Ofen stand darinn.Hier hausten wir wochenlang,geschlafen haben wir auf den Fußboden,als Tisch hatten wir eine Kiste die wir mit gebracht hatten,gesessen haben wir auch auf den Fußboden.Zum Glück hatten wir den Ofen,so das wir uns was kochen konnten. Aber viel zu kochen gab es ja auch nicht den damals gab es ja noch die Lebensmittelkarten,Das war die Ankunft in der neuen Heimat

 

Da ja unsere Landsleute alle vom Lande kamen,wurden sie auch ausschließlich bei den Bauern in den Dörfer unter gebracht.Dort wurden willige und billige Arbeitskräfte gesucht,da kamen die Vertriebenen gerade recht.
Unsere Landsleute wurden auf 22 Ortschaften im Kreis Marburg verteilt.Am Anfang waren in den Städten Kirchhain und Wetter keine Harkauer angesiedelt.Aber im Laufe der Jahre zogen die Harkauer von den abgelegenen Orten weg,und siedelten sich in Kirchhain und Wetter an.Viele zogen nach Frankfurt und Umgebung, weil dort bessere Arbeits und Verdienstmöglichkeiten waren.
Im ersten Jahrzehnt in der neuen Heimat war das Gefühl der zusammengehörigkeit der Harkauer noch sehr stark geprägt.Die Menschen dachten immer noch sie kämen wieder in die alte Heimat zurück.Hauptsächlich die alten unter ihnen fanden sich in der neuen Heimat nicht zurecht.So wurde jeden Sonntag abwechselnd in einen der Dörfer wo Harkauer angesiedelt waren ein Gottesdienst abgehalten.Der Heimatpfarrer und der Mesner waren jeden Sonntag unterwegs,um die Harkauer seelsorgerisch zubetreuen.Die Landsleute kamen manchmal 10 Km und noch von weiter zufuß um an den Gottesdienst teilzunehmen. Nach den Gottesdienst ging es dann in ein Lokal dort wurde der Nachmittag verbracht und neuigkeiten ausgetauscht.Am nächsten Sonntag ging es in einen anderen Ort wieder weiter.Im Laufe der Jahre hörte das Sonntagstreffen auf,der Mesner war verstorben der Pfarrer konnte alters  bedingt auch nicht mehr.
1946 wurde der Harkauer Kirchtag zum erstenmal in ihrer Geschichte in der Fremde gefeiert.Es wurde in Bürgeln den Wohnsitz des Pfarrers gefeiert.1947 wurde der Kirchtag in Simtshausen und 1948 in Wittelsberg gefeiert.
Ab 1949 wurde der Kirchtag der Harkauer immer in Wetter gefeiert.Wetter liegt Verkehrsmäßig sehr günstig,es ist mit der Bahn von überall her gut zuereichen  Im Gasthaus zur Linde war immer der Treffpunkt.
Zum Kirchtag kamen die Landsleute schon früh am Vormittag aus allen Orten des Kreises angereist.In Scharen sah man die schwarz gekleideten Landsleute,die Frauen noch mit ihren Kopftücher, in Richtung Gasthaus marschieren Um 10 Uhr war dann Gottesdienst in der Stiftskirche in Wetter.Am Nachmittag wurde dann gefeiert,das ging dann bis spät in die Nacht.Am Anfang gab es noch eine kleine Harkauer Musikkapelle.
Die ersten Jahre in der neuen Heimat waren für die Landsleute nicht leicht,Sie waren bei den Einheimischen nicht so sehr beliebt,die ließen es ihnen bei jeder gelegenheit spüren das sie nicht willkommen waren.
Nach und nach fingen die jungen Leute an Berufe zuerlernen,da wurden sie auch überall benachteiligt.Bei den damals attraktiven Berufen wie Elektriker,Autoschlosser,Kaufmann oder gar Beamter hatten sie keine  Chance. Da kamen nur die Einheimischen in Frage,die hatten die besseren Beziehungen.
Für die Vertriebenen gab es nur die Bauberufe wie Maurer,Zimmermann, Anstreicher oder Schlosser.Die für eine Lehre schon zu alt waren,die konnten in einer 2.jährigen Umschulung einen Beruf erlernen.Die älteren gingen als Hilfsarbeiter auf den Bau,zum Straßenbau oder in eine Fabrik.Die Mädel waren meist in einen Haushalt beschäftigt, viele Mädel waren auch in den Kliniken der Universität in Marburg tätig.Als dann in den sechziger Jahren die Landsleute sich schon alle Häuser gebaut hatten,da wurden sie auch von den Einheimischen voll anerkannt.Das mit den Kirchtagen ging so bis Mitte der siebziger Jahre,dann hörte es auf.Die alten kamen nicht mehr,sie konnten nicht,und die jungen hatten keine Lust mehr.Meine Frau Ludmilla hatte in den letzten Jahren mehrmals einen Kirchtag in Wetter organisiert,aber es kamen nicht mehr allzuviele Landsleute zusammen.Der zusammenhalt der Harkauer der ein halbes Jahrhundert gehalten hat,geht nun langsam zu Ende
 
 
 
Auf Einladung der  Deutschkreutzer fuhren im Juni 1976 2 Busse mit Harkauer zum erstenmal nach der Vertreibung in die alte Heimat,wo sie mehrere Tage verweilten.Dort wurde auch beschloßen eine Partnerschaft zwischen Deutschkreutz und den ehemaligen Nachbarn ,den Harkauern zugründen.Im Juni 1977 war es dann so weit,bei den Besuch der Deutschkreutzer in Wetter wurde die Partnerschaft gegründet.Die Deutschkreutzer waren schon sehr neugierig wo die Harkauer zuhause sind,waren es früher nur 4 Km die sie trennten,so sind es jetzt fast 1000 Km geworden.In Wetter,den Mittelpunkt der Harkauer wurden die Gäste aus Deutschkreutz empfangen.Als die Busse vor der Stadthalle in Wetter ankamen,waren die Harkauer schon alle versammelt.Die Gäste wurden aufs herzlichste begrüßt und dann ihren Partnerfamilien zugeteilt.
Im Juni 1986 war dann das erste große Fest,da kamen die Harkauer für 5 Tage zur Feier des 10.jährigen Jubiläum der Partnerschaft nach Deutschkreutz. Am ersten Tag war die offizielle Feier mit der Einweihung des Harkauer Museum anschließend wurde im Gemeindekeller gefeiert.Am 2.Tag war die Einweihung des Harkauerplatzes beim ehemaligen Sauerbrunnen,dort wurde ein Gedenkstein aufgestellt,mit 2 Bänken zum ruhen und es wurden 2 Bäumchen   gepflanzt. Das wiederholte sich in den nächsten Tagen,in den Nachbarsorten Unterpetersdorf,Horitschon, Neckenmarkt und in Haschendorf.In jeden dieser Orte wurde ein Harkauer Platz eingeweiht,eine Bank aufgestellt und ein Bäumchen gepflanzt. Am 4.Tag ging es hinüber nach Ungarn in unseren Heimatort nach Harkau.Dort wurde ein Gottesdienst in der Heimatkirche gehalten,danach ging es zum Kriegerdenkmal wo ein Kranz niedergelegt wurde.
Am 5. Tag war die Abschiedsfeier in der Turnhalle der Gesammtschule in Deutschkreutz. Bis 1990 war kein Treffen mehr,durch verschiedene Vorkommnisse bei den Harkauer kam die Partnerschaft fast zum erliegen.Im August 1990 hatte Heinrich Fenner eine Fahrt in die Heimat organisiert leider hatte er kurz danach einen Schlaganfall,und konnte dadurch weiterhin für die Partnerschaft auch nichts mehr tun. Im Juni 1993 wurden die Harkauer zum 20.jährigrn Jubiläum des Musikverein nach Deutschkreutz eingeladen.Um die Partnerschaft auch weiterhin aufrecht zu erhalten,hatte sich damals meine Frau Ludmilla bereit erklärt diese Fahrt und weitere folgende Fahrten zu organisieren. 

 

 Im Mai 1996 zum 50.Jahrestag der Vertreibung der Harkauer aus ihrer Heimat wurde wieder eine große Fahrt in die alte Heimat unternommen.Es sind 2 Busse und viele mit den Auto angereist.Erst wurde in Deutschkreutz gefeiert und am Sonntag dann in Harkau.Erst wurde ein Gottesdienst in der Heimatkirche gehalten,dann ging es zum Kriegerdenkmal.Und am Nachmittag wurde auf den Platz vor der kath.Kirche mit den Einheimischen gefeiert

 Im Juni 1998 zum 25.jubileum des Musikvereins waren die Harkauer wieder zu Besuch in Deutzschkreutz. Auf Einladung des Musikverein Deutschkreutz fuhren die Harkauer von 13 – 18 Juni 2001 wieder nach Deutschkreutz um die 25.jährige Partnerschaft zu feiern.Es hat viel Überredungskunst gekostet die Harkauer zu einer Fahrt in die Heimat zubegeistern.Teils sind die Leute schon zualt,teils können sie gesundheitlich nicht mehr eine so weite und anstrengende Fahrt verkraften.Mit viel Mühe ist es dann doch gelungen 30 Landsleute für die Fahrt in die Heimat zu überreden.Am ersten Tag wurde in Deutschkreutz gefeiert,die offizielle Feier war vor den Harkauer Museum,dann ging es in den Gemeindekeller wo bei einen Buffet und guten Wein bis um Mitternacht gefeiert wurde.Am 2.Tag wurden die Nachbar gemeinden nochmals besucht,wo wir überall aufs beste bewirtet wurden. Am 3.Tag ging es hinüber nach Ungarn, am Vormittag wurde die Stadt Ödenburg besichtigt,dort wurde auch zu Mittag gegessen,und am Nachmittag ging es hinaus in unseren Heimatort nach Harkau.Dort wurde in der Heimatkirche ein Gottesdienst gehalten,anschließend wurde am Kriegerdenkmal ein Kranz niedergelegt.Danach hatten die Landsleute genügend Zeit sich das Dorf anzuse hen.Für die meisten war es sehr wahrscheinlich auch das letzte mal. Am 4. Tag war Ruhetag.

Am 5. Tag war die große Abschiedsfeier in der Turn halle der Gesammtschule.Es wurden verschiedene Ansprachen gehalten,und und danach spielte die Musikkapelle  Deutschkreuz zum Tanz auf.Das war die letzte Fahrt von Harkauer nach Deutschkreutz. 2003 wurden die Harkauer wieder zur 30.Jahrfeier des Musikverein Deutschkreutz eingeladen,leider kamen nicht mehr genügend Leute für eine Fahrt zu zusammen. 2003 im August hatte die meine Frau  Ludmilla wieder einen Kirchtag in Wetter organisiert, es kamen aber nur um die 30Landsleute zusammen die den Kirchtag feiern wollten.Bei Kaffee und Kuchen wurde bis am Abend gefeiert. Es war der letzte Kirchtag der Harkauer.

 

Der erste Besuch in der alten Heimat
 
Es hat 22 lange Jahre gedauert bis wir zum erstenmal nach der Vertreibung wieder in unsere Heimat,nach Harkau hinein durften.Wir waren mit dem Auto da,als wir an die Grenze kamen es war ein eigenartiges Gefühl, überall waren die ungarischen Soldaten mit MP’s sie sahen alle so unfreundlich aus.Wir gingen dann ins Zollgebäude hinein,erst sprachen sie alle deutsch mit uns.Als sie aber in unseren Reisepässe feststellten das wir in Ungarn geboren sind,sprachen sie nur noch ungarisich mit uns.Sie behaupteten wer in Ungarn geboren ist der muß auch ungarisch können.
Beim ausfüllen vom Visum ging es mit den Schikanen schon los.Unter anderen mußte man den Geburtsort angeben,wo ich Harkau angab,das passte ihnen nicht,sie sagten Harkau gibt es nicht mehr,das heißt jetzt Magyarfalva.Ich protestierte dagegen und sagte als ich geboren bin hieß es noch Harkau und was anderes schreibe ich nicht hin,geben sie mir meine Papiere wieder,wir fahren wieder zurück.Das wollten sie aber auch nicht Denn damals mußten wir noch pro Persom 50 DM für das Visum bezahlen,auf das Geld wollten sie wahrscheinlich nicht verzichten. Nach etlichen hin und her durften wir dann doch weiter fahren.
Etwa 4 Km von der Grenze ist die Stadt Ödenburg,da mußten wir hindurch wenn wir nach Harkau wollten,Als wir schon fast durch die Stadt waren,hielt uns ein Polizist an,er hat uns irgendwas auf ungarisch gefragt, ich verstand nur es ging um Alkohol.Er holte aus seiner Tasche ein kleines Röhrchen und steckte es mir in den Mund und ich sollte blasen
ich tat ihm den Gefallen,aber es tat sich nichts.Er gab mir nochmals ein Röhrchen und ich musste wieder blasen,er hatte aber Pech,das Ergeniss war Negativ, er hätte mir bestimmt gerne ein paar DM abgenommen.
Wir fuhren dann hinaus nach Harkau.Als wir vom weiten die zwei Kirchtürme sahen,gab es schon ein paar Tränen.Als wir ins Dorf hinein fuhren haben wir bei der Tante Trudl der Lehrerin von meiner Frau ihren Haus angehalten.Es gab ein herzliches Wiedersehen nach so vielen Jahren.Danach gingen wir neben an in den Friedhof wo die Eltern meiner Frau begraben sind.Nach den Mittagessen gingen wir durchs Dorf.Zuerst in die Kirche,die schönen bunten Glasfenster waren zum teil noch vom Krieg her kaputt,die Tante Trudl spielte auf der Orgel noch ein paar Lieder.Dann gingen wir durchs Dorf,es sa sehr Trostlos aus,es war alles total verkommen,unser Haus stand leer ohne Fenster und total verwüstet.
Am unteren Ende vom Dorf ging der Stacheldraht bis an die Häuser,da mußte man besonders Vorsichtig sein,den die Grenzsoldaten sahen es nicht gerne wenn sich dort Fremde aufhielten.Fotografieren war streng verboten,wurde mann erwischt war der Film schnelll weg.Auch das Auto mußte man immer im Auge behalten.Zum Schluß sind wir noch zum Haus meiner Frau,die Leute die darin wohnten haben uns alles gezeigt,es war alles sehr arm.Ich habe heimlich etliche Bilder vom Dorf gemacht um es den Angehörigen zuhause zu zeigen.Abends mußten wir wieder aus Ungarn heraus,denn über Nacht durften wir nicht bleiben.An der Grenze ging es wieder mit den ganzen Unsinnn weiter,es wurde das ganze Auto auf den Kopf gestellt,und nachgesehen ob man auch niemanden heraus Schmuggeln wolle.Das war die erste Fahrt in die alte Heimat,es sollten noch 46 weitere folgen.